Kultur?
Die Kulturanthropologie/Volkskunde arbeitet mit einem weiten Verständnis von Kultur im Sinne von »culture as a whole way of life« (Raymond Williams). Unter »Kultur« verstehen wir demnach all das, »was die Menschen in Konfrontation mit ihren Alltagsanforderungen geschaffen haben« (Gottfried Korff). Kulturelle Prozesse sind Anwendungen, Produktionen und Effekte von Vorstellungen, normativen Werten, subjektiven Wahrnehmungs- und Deutungsmustern, Kompetenzen, Praktiken, aber auch Artefakten und Technologien, die innerhalb von sozialen Gruppen unter den jeweiligen historischen Bedingungen und Beziehungen entstehen und mit denen sie ihre natürlichen und gesellschaftlichen Existenzbedingungen bewältigen.
In unserer Kulturanalyse berücksichtigen wir, dass alltägliche Wahrnehmungen, Deutungen und Handlungen von gesellschaftlichen Widersprüchen, von differenzierend wirkenden Klassen-, Geschlechter- und ethnisch klassifizierten Verhältnissen durchwirkt sind, diese sozialen Strukturen aber auch in den Performanzen des Alltags aktualisiert werden. Gleichzeitig produzieren alltagskulturelle Prozesse ungleiche Verhältnisse hinsichtlich der »Fähigkeiten von Individuen und gesellschaftlichen Gruppen, ihre Bedürfnisse zu definieren und zu verwirklichen« (Richard Johnson). »Kultur« ist somit auch »as a whole way of conflict« (Edward P. Thompson) zu verstehen.